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Champagne

Reise ich durch das Weinbaugebiet Champagne, bin ich eher ernüchtert von der Aussicht. Weite, eher flache Weinberge, fast in Monokultur bringen immer wieder Fragen auf. Allein die Größe von 34.000 ha. Was ist denn nun eigentlich das Besondere an dieser Region und den Champagner. Da muss man erst einmal ein wenig tiefer in die Geologie einsteigen, darf aber auch nicht die Klimatologie vergessen.  

Die Weinberge der Champagne befinden sich an der nördlichen Grenze der Anbauzone von Reben in Europa, zudem in einer Kreideebene (Kalkstein) südwestlich von Paris, das Zeugnis davon gibt wie diese Region vor zig Millionen Jahren Meer war. Die (guten) Böden sind sind stark mit Mineralien und Fossilien durchsetzt, manchmal bis zu hundert Meter tiefe Schichten. Diese Kalksteinböden sind sehr porös und ermöglichen zum einen tiefere Wurzeln als auch eine gute Wasserspeicherung wie auch Wärmespeicherung. Sie verhindert auch in den recht ebenen Lagen der Champagner ein Nässe-stau und gibt in trockenen Sommerperioden Wasser an die Rebwurzeln ab. Scheinbar gedeiht vor allem Chardonnay unter diesen Bedingungen gut. 

Jedoch spielt auch das semi-kontinentale Klima eine bedeutende Roll. Grundweine für Sekte dürfen nie zu fett und alkoholreich sein. Daher dürfen die Trauben keinesfalls sehr reif oder überreif werden. Hier kommt (kam?) das kühlere Klima sehr entgegen, welches die Reifephase verlängert und so doch noch phenolisch reife Trauben ermöglicht, ohne daß der Zuckergehalt sehr hoch ist. Angestrebt werden Grundweine mit nur ca. 11 vol-% Alkohol. 

Natürlich haben auch die Rebsorten einen Einfluss auf den typischen Stil von Champagner. Unerwünscht sind starke und charaktervolle Aromen, denn Champagner soll fein, zart und vor allem Aromen der Reifung besitzen. Vorzugsweise geben Holzfässer und Hefen die vorherrschende Aromatik, begleitet von mineralischen Komponenten die von Traube und Boden stammen. So haben sich die eher neutralen Rebsorten wie Chardonnay und Pinot Meunier, aber auch Pinot Noir bewährt. 

In der traditionellen Literatur über Weinbau in der Champagne werden immer wieder 4 unterschiedliche Anbaugebiete genannt: Die Montagne de Reims mit mehr Pinot.Noir (die Bodenkrume hat weniger Kalkstein), das Marne-Tal mit mehr Pinot Meunier (der Boden hat deutlich mehr Lehmanteil), die Côte des Blancs mit fast ausschließlich Chardonnay (der Boden ist sehr Kreidehaltig) und Aube mit viel Pinot Noir (Kalkmergel-Tonmergel). Geologen würden hier noch viel Tiefer in die Materie gehen und Önologen würden die Vor- und Nachteile besser begründen wollen wie ich das kann. Mir ist nur aufgefallen, daß es sicher Unterschiede gibt, wenn ein Wein aus Trauben von nur einem Gebiet gemacht wird, aber das hat für mich auch mit klimatischen und menschlichen Faktoren stark zu tun. Ich persönlich schmecke mehr Unterschiede in der Kellerstilistik, bemerke auch unterschiede durch verschiedene Hefen und natürlich bei den Rebsorten. Aber sobald es um Cuvées geht, bei der - wie meist - diverse Jahrgänge verschnitten werden kann ich nicht ernsthaft weiter diskutieren. 

Erschwerend aber auch spannend und interessant kommt hinzu, daß jede Charge, ja eigentlich jede Flasche - aufgrund der autarken Entwicklung bei der Einzelflaschengärung - sich individuell entwickelt! Natürlich meist sehr klein, aber bei genauerem Vergleich durchaus auch oft erkennbar. Desto kleiner das Weingut und damit die Chargen, um so individueller - für mich ein spannendes Unterfangen und Teil des Genusses. Bei großen Häusern, wie viele in Reims ansässige Marken, zwar weniger aber doch auch. Die Masse ist zunächst oft langweilig, weshalb ich nur kleine Häuser favorisiere, aber hier und da gibt es auch Ausnahmen davon. So habe ich unlängst ein Charge n.V. von Veuve Clicquot erwischt, der mal richtig gut war (keine Werbung, denn die Marke führe ich nicht). 

Unübersehbar ist der Trend hin zu kleinen Produzenten. Immer mehr „Güter“ geben Ihre Trauben nicht mehr an die großen Hersteller ab, sondern produzieren selbst Champagner. Für den Konsumenten zwar unübersichtlich, bringt es doch Bewegung und Veränderung in die Region. Qualitativ muss mann natürlich die Spreu vom Weizen trennen, und seinem Händler vertrauen. Wir entdecken immer wieder Produzenten, die uns überraschen und extrem gute Champagner zu vernünftigen Preisen anbieten.

Zusammenfassend ist ein großer Champagner ein edler Genuss: harmonisch und auf den Punkt kombinierte zarte Aromatik von gereiften, nicht aromatischen, Weinen mit einem zarten mineralischen, ja manchmal säurebetontem Gerüst. Vorherrschend sind feine Aromen von Nüssen, Hefegebäck, oxidierte Apfelschale, manchmal etwas Birne. Nicht zu vergessen die Feinheit der Perlage, die einen Einfluss auf den Geschmack hat. Je nach Intensität all dieser Aromen gibt es unterschiedliche Meinungen und meine eigene Erfahrung zeigt, daß man sich an Champagner herantasten muss, vor allem an die sehr trockenen. Ähnlich wie mit Musik, Kunst oder Literatur - erst wenn man sich mit dem Thema befasst und gewisse Geschmacksvorlieben entwickelt hat, macht es Sinn und ist dann auch manchmal seinen Preis wert!